Die Macht der Gedanken: Wie unsere Überzeugungen unsere Gesundheit beeinflussen

Stell dir vor, du lebst in einer deutschen Kleinstadt und kämpfst als übergewichtiger Teenager verzweifelt damit, dein Gewicht zu reduzieren. Deine Eltern versuchen, dich zu motivieren, indem sie dich zu Spaziergängen durch die ruhigen Straßen eures Viertels überreden. Doch für dich ist es eine Qual: die schwüle Sommerhitze, die Schmerzen vom Scheuern zwischen deinen Oberschenkeln und die Peinlichkeit, immer wieder eine Salbe aufzutragen, um die Reibung zu lindern. Du erträgst diese Spaziergänge nur, weil sie mit einer Belohnung in der Eisdiele enden – einem doppelten Schokoladeneis mit Streuseln.

Doch anstatt Gewicht zu verlieren, bleibt alles beim Alten. Bis zu dem Moment, als du während eines Wochenendtrips nach München das erste Mal nicht nur Surfer sondern auch inlineskatende Menschen im Englischen Garten siehst und spontan den Gedanken fasst, dass dies eine neue Art der Bewegung für dich sein könnte. Du spürst zum ersten Mal eine Hoffnung, dass Bewegung Spaß machen könnte, und überredest deine Eltern, dir ein Paar Inlineskates zu kaufen. Beim ersten Ausprobieren fühlst du dich frei und leicht, und merkst nicht einmal, wie viel du dich bewegst. Dieses Erlebnis verändert deine Einstellung zu Bewegung – und letztlich auch deine Gesundheit.

Unsere Gedanken haben eine größere Macht über unsere Gesundheit, als wir vielleicht glauben. Das mag zunächst esoterisch klingen, doch die Wissenschaft zeigt zunehmend, wie stark unser Geist unseren Körper beeinflussen kann. Von der Forschung über den Placebo-Effekt bis hin zur Neuroplastizität belegen zahlreiche Studien, dass unsere Einstellungen und Überzeugungen direkte Auswirkungen auf unser körperliches Wohlbefinden haben können.

Der Placebo-Effekt: Der Beweis für die Kraft des Glaubens

Eine der bekanntesten und am besten erforschten Manifestationen der Kraft des Geistes auf den Körper ist der Placebo-Effekt. Hierbei erleben Menschen echte gesundheitliche Verbesserungen, obwohl sie nur ein wirkstofffreies Präparat erhalten haben. Der Glaube daran, dass sie ein echtes Medikament einnehmen, reicht aus, um körperliche Veränderungen herbeizuführen, sei es eine Schmerzreduktion, eine verbesserte Stimmung oder sogar eine schnellere Heilung. Dies zeigt eindrucksvoll, dass Überzeugungen und Erwartungen eine signifikante Rolle bei der Heilung spielen können.

Mindset und Gesundheit: Was die Forschung sagt

Die Harvard-Psychologin Ellen Langer führte eine bemerkenswerte Studie durch, die den Einfluss des Mindsets auf die Gesundheit untersuchte. Langer und ihr Team arbeiteten mit einer Gruppe von Hotelangestellten, die täglich körperlich anstrengende Arbeiten verrichteten. Obwohl diese Frauen den ganzen Tag in Bewegung waren, glaubten viele von ihnen, dass sie nicht genügend Sport trieben. Langer teilte die Frauen in zwei Gruppen ein: Einer Gruppe wurde erklärt, dass ihre tägliche Arbeit die Empfehlungen für körperliche Aktivität übertraf, während die Kontrollgruppe keine zusätzlichen Informationen erhielt.

Nach nur einem Monat zeigte die Gruppe, die informiert worden war, dass ihre Arbeit als Bewegung zählt, signifikante gesundheitliche Verbesserungen. Ihr Blutdruck, ihr Gewicht und ihr Taille-Hüfte-Verhältnis hatten sich verringert, obwohl sie ihre täglichen Routinen nicht geändert hatten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wahrnehmung und Interpretation unserer Aktivitäten tiefgreifende Auswirkungen auf unsere körperliche Gesundheit haben kann.

Diese Studie verdeutlicht, dass es nicht nur darauf ankommt, wie viel wir uns bewegen, sondern auch darauf, wie wir unsere Aktivitäten wahrnehmen. Die einfache Überzeugung, dass ihre Arbeit tatsächlich körperlich anstrengend ist, hatte bei diesen Frauen messbare gesundheitliche Vorteile.

Aus der Sicht der Transaktionsanalyse (TA) könnten diese Überzeugungen und Wahrnehmungen tief in den sogenannten Lebensskripten der Frauen verankert sein. Diese Skripte sind grundlegende Überzeugungen, die wir früh im Leben entwickeln und die unser Verhalten und unsere Wahrnehmung prägen. In diesem Fall könnten die Frauen durch eine negative Grundüberzeugung, dass sie nicht Ok sind, weil sie nicht genügend durch Sport leisteten, ihre eigenen Bemühungen unbewusst unterminieren. Doch durch das Reframing dieser Überzeugung – das bewusste Umdeuten ihrer täglichen Arbeit als wertvolle körperliche Aktivität – konnten sie positive gesundheitliche Veränderungen erleben.

Stress und seine Auswirkungen auf die Gesundheit

Ein weiterer Faktor, der die Gesundheit maßgeblich beeinflusst, ist Stress. Negativer Stress ist einer der Hauptfaktoren, der unsere Gesundheit beeinträchtigen kann. Chronischer Stress führt zu einer Erhöhung des Cortisolspiegels, einem Hormon, das das Immunsystem schwächt und das Risiko für zahlreiche chronische Erkrankungen erhöht. Doch ebenso wie negative Gedanken schädlich sein können, können positive Gedanken und Einstellungen Stress reduzieren und somit die Gesundheit fördern.

Die Rolle der Neuroplastizität: Unser Gehirn formt sich nach unseren Gedanken

Dieser Zusammenhang zwischen Gedanken und körperlichem Wohlbefinden wird auch durch die Fähigkeit des Gehirns, sich an neue Denkmuster anzupassen, unterstützt. Die moderne Neurowissenschaft hat gezeigt, dass unser Gehirn nicht statisch ist, sondern sich ständig verändert – ein Phänomen, das als Neuroplastizität bekannt ist (Doidge 2007). Unsere Gedanken und Erfahrungen können tatsächlich die Struktur unseres Gehirns verändern, indem sie neue neuronale Verbindungen schaffen und bestehende verstärken. Das bedeutet, dass wiederholte positive Gedankenmuster nicht nur unser Verhalten, sondern auch unsere körperliche Gesundheit beeinflussen können.

Wenn wir unsere Denkweise von „Ich muss trainieren“ zu „Ich darf mich bewegen“ ändern, kann das eine Kaskade positiver Veränderungen in unserem Gehirn auslösen, die letztlich zu einer Verbesserung unserer körperlichen Gesundheit führen. Diese Veränderungen basieren nicht auf Magie, sondern auf der logischen Folge von neuronalen Anpassungen, die durch unsere Gedanken und Überzeugungen ausgelöst werden.

An diesem Punkt kann auch die Transaktionsanalyse (TA) eine wertvolle Rolle spielen. Sie unterstützt uns dabei, Erlaubnisse zu entwickeln, die uns ermutigen, unsere Gesundheit aktiv in die Hand zu nehmen. Eine Person, die früher durch einschränkende Botschaften wie "Du bist nicht gut genug" gehemmt wurde, könnte durch die Arbeit mit einem TA-Coach neue Erlaubnisse erhalten, die ihr erlauben, sich wertvoll und fähig zu fühlen – was letztlich ihre Gesundheit positiv beeinflussen kann.

Psychoneuroimmunologie: Wie Gedanken das Immunsystem beeinflussen

Ein weiteres spannendes Forschungsgebiet, das die Verbindung zwischen Geist und Körper untersucht, ist die Psychoneuroimmunologie. Diese Disziplin erforscht, wie unsere Gedanken und Emotionen unser Immunsystem beeinflussen. Studien zeigen, dass positive Emotionen und eine optimistische Einstellung das Immunsystem stärken können, während negative Emotionen und chronischer Stress es schwächen. Dies bedeutet, dass unsere mentale Verfassung einen direkten Einfluss auf unsere Fähigkeit haben kann, Krankheiten zu bekämpfen.

Ein praktisches Beispiel hierfür ist, dass Menschen, die eine positive Einstellung bewahren, schneller von Krankheiten genesen und seltener an chronischen Erkrankungen leiden. Diese Erkenntnisse unterstreichen erneut die Bedeutung, nicht nur auf unseren Körper, sondern auch auf unseren Geist zu achten, um unsere Gesundheit zu erhalten.

Fazit: Der erste Schritt zu besserer Gesundheit beginnt im Kopf

Unsere Gedanken und Überzeugungen spielen eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit. Von der Forschung über den Placebo-Effekt und das Mindset bis hin zur Neuroplastizität und Psychoneuroimmunologie zeigt die Wissenschaft, dass unsere Einstellungen und Überzeugungen unseren Körper tiefgreifend beeinflussen können.

Hier kann die Transaktionsanalyse wertvolle Unterstützung bieten, indem sie uns hilft, die tief verankerten Überzeugungen und Lebensskripte zu erkennen, die unser Verhalten und unsere Gesundheit prägen. Durch das Erkennen und Umdeuten dieser Überzeugungen können wir beginnen, unser Denken positiv zu verändern – und damit auch unsere Gesundheit. Also, kannst du dich schlank fühlen und sehen? Die Antwort könnte einen größeren Einfluss auf deine Gesundheit haben, als du denkst.

Quellen:

Crum, A. J., & Langer, E. J. (2007). Mind-set Matters: Exercise and the Placebo Effect. Psychological Science, 18(2), 165-171.

Doidge, N. (2007). The Brain That Changes Itself: Stories of Personal Triumph from the Frontiers of Brain Science. New York: Viking.

Stewart, I., & Joines, V. (1987). TA Today: A New Introduction to Transactional Analysis. Nottingham: Lifespace Publishing.

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Warum Mitgefühl und psychische Gesundheit Hand in Hand gehen

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